Förderung in der Sekundarstufe I


Die rechtlichen Vorgaben

Fördermaßnahmen lt. LRS-Erlass

Der in NRW geltende LRS-Erlass beschreibt in den Abschnitte 2 und 3 ausführlich, wie die schulische Förderung umzusetzen ist. Dabei werden drei organisatorische Ebenen der Förderung unterschieden:

- Allgemeine Fördermaßnahmen: binnendifferenzierende Maßnahmen im Deutsch- bzw. fremdsprachlichen Unterricht

- Zusätzliche Fördermaßnahmen: schulische Förderkurse, die über die Stundentafel hinausgehen, aber von und in der Schule durchgeführt werden, also bspw. LRS-Förderunterrricht in kleinen Gruppen

- Außerschulische Maßnahmen:

Therapie bzw. Förderung in außerschulischen Einrichtungen in besonders schweren Fällen bzw. wenn trotz intensiver schulischer Förderung dieo.a. Maßnahmen nicht ausreichen.

Wer gehört zur Zielgruppe?

In den Klassen 5 und 6 sind es Schülerinnen und Schüler, deren Leistungen im Lesen oder Recht­ schreiben über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten den Anforderungen nicht entsprechen.

In den Klassen 7 bis 10 gehören Lernende dazu, deren besondere Schwierigkeiten im Lesen oder Rechtschreiben bisher nicht behoben werden konnten.



Umsetzung in der Praxis

Ein nüchterner Blick auf die Schul- und Unterrichtswirklichkeit heute muss zu dem Schluss kommen, dass die gut gemeinten Intentionen des LRS-Erlasses nur zum Teil umgesetzt werden. Vielen Schulen fehlt es einfach an ausreichenden Ressourcen, um alle Schülerinnen und Schüler mit LRS gut zu fördern. Es gibt zu wenig Lehrkräfte, die Klassen sind zu groß, es fehlt an LRS-spezifischem Know-how - um nur einige der Probleme zu nennen, mit denen Schulen zu käm-pfen haben. Eine individuelle, diagno-sebasierte Förderung kann so in der Schule nicht stattfinden. Es ist des-halb nicht verwunderlich, dass viele Eltern Unterstützung bei privaten Förder- bzw. Therapieinstituten suchen und finden.


Kommentare

Gut, aber unrealistisch

Wenn auch eine individuelle LRS bezogenen Förderung im Schulalltag  kaum möglich ist, können Lehrkräfte aber zumindest einige Hürden abbauen, um Lernerfolge für die betroffenen Kindern und Jugendlichen möglich zu machen. Hierzu gehören ein langsameres Unterrichtstempo, eine Reduzierung der Stofffülle auf das Wesentliche, aber auch kleinere Maßnahmen wie etwa eine größere Schrift auf Arbeitsmaterialien.

Mut zur Freiheit

Der erste Paragraph des NRW-Schulgesetzes bestimmt, dass jeder junge Mensch ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung hat. Nachgeordnete Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen die Umsetzung dieses Rechts ermög-lichen und konkretisieren. Dies ge-schieht in NRW bspw. durch die Aus-bildungsordnungen der verschiede-nen Schulstufen.

"Der Pflichtunterricht .....  ist durch individuelle Förderung als pädagogisches Grundprinzip geprägt." § 3 (1) APO-S I

Dieser Rahmen eröffnet den Schulen und vielen Lehrkräften eigentlich einen breiten Spielraum, Schülerinnen und Schülern mit LRS ein erfolgreiches Lernen zu ermöglichen, etwa durch eine Anpassung des Lerntempos und Lernstoffs an deren Möglichkeiten. Bedauerlich ist, dass viele Lehrkräfte diesen Spielraum nicht nutzen, weil sie glauben, die Lehr-planvorgaben eins zu eins umsetzen zu müssen. Dabei beschreiben die Lehrpläne lediglich die "zu erwartenden Lernergebnisse", betonen aber gleichzeitig, dass die Wege dorthin auf die Lernvoraussetzungen und -möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler abzustimmen sind. (KLP Deutsch 2019, S.3)

Was das Mindeste ist ...

Es ist nachvollziehbar ist, dass viele Schulen aufgrund ihrer Überlastung einerseits und einer Ressourcen-knappheit andererseits die eigentlich vom Gesetzgeber beabsichtigte indi-viduelle Förderung für junge Menschen mit LRS nicht befridigend umsetzen können. Allerdings schon erwartet werden, dass dann zumindest die Gewährung der Nachteilsausgleiche und des Notenschutzes umfassend geschieht, denn dies lässt sich mit nur geringem Aufwand (Nachteilsausgleich) bzw. gänzlich ohne Mehrbelastung (Notenschutz) herbeiführen. Umso unverständlicher ist es, dass zahlreiche Schulen, die ihren eigentlichen Förderauftrag nicht erfüllen (können), sich bei der Umsetzung des Nachteilsausgleichs und Notenschutzes ausgesprochen restriktiv verhalten.