Die rechtlichen Vorgaben
Ab wann und unter welchen Bedingungen?
Ab Klasse 2 besteht die Möglichkeit, einen Nachteilsausgleich im Fach Deutsch zu gewähren. Der Anspruch auf einen Nachteilsausgleich besteht dann, wenn ein Kind besondere Auffälligkeiten im Bereich des Lesens und / oder Schreibens hat und deswegen einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedarf. Wie bereits im LRS-Erlass wird auch in der sog. 'Arbeitshilfe' an keiner Stelle auf eine Attestvorlage bei LRS hingewiesen.
Welche Art von Nachteilsausgleich?
Die Arbeitshilfe listet, wie der LRS-Erlass,
eine Reihe möglicher Nachteilsausgleiche auf, wobei aber auch
hier wiederum eher Verwirrung als Klarheit gestiftet
wird.
Es gilt der Grundsatz, dass der gewährte Nachteilsausgleich sogestaltet sein muss, dass der individuelle Nachteil auch tatsächlich ausgeglichen werden kann. Eine Zeitzugabe bei einem Schüler mit verlangsamtem Lesetempo wäre also sinnvoll, nicht aber bei einem Kind, das Schwierigkeiten mit der Verarbeitung zu kleiner Schriftzeichen oder zu geringer Zeilenabstände. In diesem Fall wäre eine andere Form des Nachteilsausgleichs angezeigt.
Wie läuft das Verfahren ab?
Die schulrechtlichen Vorgaben regeln eindeutig,
dass die Schule erkennen muss, ob ein Nachteilsausgleich
erforderlich ist - und welcher. Die Schule kann bzw. darf nicht darauf warten, ob bzw. wann die Erziehungsberchtigten einen entsprechenden Antrag stellen. Gleichwohl haben diese aber das Recht
dazu. Im Idealfall sollten Schule und Erziehungsberechtigte in der Angelegenheit frühzeitig und eng zusammenarbeiten.
Kommentar
Viele Grundschulen setzen die Regelungen
des LRS-Erlasses um, wenn es um die Gewährung von Nachteilsausgleichen geht. In manchen Fällen gehen Lehrkräfte allerdings davon aus, dass sich die Probleme "mit der Zeit schon auswachsen", also
keine eigentliche Legasthenie vorliege. Hinter dieser Meinung verbirgt sich der veraltete und in NRW seit über 30 Jahren nicht mehr gültige medizinische Sichtweise. Bei auftretenden
Auffälligkeiten wird implizit unterschieden zwischen einer ernsthaften Störung und einer vorübergehenden Problematik. Diese Unterscheidung ist jedoch nicht im Sinne des LRS-Erlasses und auch
sachlich nicht angebracht.
Ein weiteres Problem auf der Ebene des Erlasses und auch in der 'Arbeitshilfe Grundschule' ist die Nichtbeachtung des Faches Englisch. Der Nachteilsausgleich ist nicht nur in Deutsch sondern auch auf die Leistungsüberprüfungen im Fach Englisch (offiziell "kurze schriftliche Übungen") anzuwenden.